Orient und Okzident 2018

Mit dem Musikprojekt „Keyboard und Gesang – Vom Orient zum Okzident“ sollten durch Flucht und Lebensumstände traumatisierte und andere bildungsbenachteiligte Kinder und Jugendliche im Alter von 10-18 Jahren angesprochen werden.

Der Kurs, der von März bis Ende Dezember 2018 immer freitags zwischen 17:00 und 19:00 Uhr in der Hildesheimer Kulturfabrik und sowohl Anfänger als auch Fortgeschrittene zum gemeinsamen Musizieren einlud, vermittelte die Grundlagen des Keyboardspiels und Gesangs.

In dem Projekt wurde populäre und klassische Musik aus dem persischen und indischen Raum gesungen und gespielt. Es wurden musikalische Praxen aus verschiedenen Musiktraditionen vermittelt und miteinander in Kontakt gebracht. Um die beiden Schwerpunkte Rhythmus sowie Gesangs- und Harmonieverständnis besser erfahrbar zu machen, wurde der Kurs in zwei Gruppen aufgeteilt. Jede der Kleingruppen wurde dabei von einer zweisprachigen kompetenten Betreuungsperson unterstützt.

Im „Rhythmuskurs“ wurde mit Perkussionsinstrumenten aus dem orientalischen Raum sowie typischen Perkussionsinstrumenten der westlichen Popmusik musiziert. Mit dem pädagogischen Ansatz des Vor- und Nachmachens knüpfte man – im Kreis sitzend – an die Lebenstradition der Teilnehmenden an.

Im gesamten Kurs wurde explizit auf die Verwendung von Noten verzichtet, um eine visuelle Eingangsschwelle für musikalische Neulinge zu entschärfen.

Wenn das Wetter es zuließ, traf man sich gerne zum Musizieren vor dem Gebäude und bot damit der Öffentlichkeit direkte Berührungspunkte zu den Kursteilnehmenden, was die Toleranz ihnen gegenüber verbessern sollte.

Im zweiten Kurs „Gesangs- und Harmonieverständnis“ wurden, ausgehend von der persischen und indischen Musiktradition, die Stimme und das Keyboard erforscht. Die anleitende Fachkraft verstand es, sich als eine Idolfigur eines afghanischen Popstars als auch als Freund zu präsentieren und einen Kurs zu leiten, der gut bei der Zielgruppe ankam.

An diesem Kurs nahmen 10 afghanische männliche Jugendliche teil, die einerseits weit weg von ihrer Familie und ihren Freunden lebten und andererseits noch nicht als Geflüchtete anerkannt waren und aufgrund ihrer unklaren Zukunft unter enormen Druck standen.

Die Durchführung dieses Kurses ermöglichte den Jugendlichen daher nicht nur das Keyboardspielen und Singen zu erlernen, er gab ihnen auch die Möglichkeit Abstand zu ihren privaten Sorgen und Problemen zu gewinnen. Das Musizieren bot den Jugendlichen zudem eine gute Grundlage, ein stärkendes Gruppengefühl aufzubauen und somit auch eine Festigung der eigenen Identität in Hildesheim zu erreichen.

Die Teilnehmenden lernten schnell und fleißig und waren in kurzer Zeit in der Lage auf der Bühne zu performen. Nach einigen Monaten beherrschten die Teilnehmenden erste Lieder und Improvisationsformen und traten mit diesem Repertoire unter anderem beim „Interkulturellen Sport- und Musikfest“ der Musikschule und im Flücht- lingswohnheim in der Senkingstraße auf, was als großes Erfolgserlebnis für alle Beteiligten zu verbuchen ist.